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Wissenschaftliche Projekte und Studien
Bekannte Risikogene erklären etwa 30% aller familiären Fälle, die die Einschlusskriterien für die genetische Testung des Konsortiums erfüllen. Ein Forschungsschwerpunkt ist die Identifikation neuer Gene, die mit einer Risikoerhöhung für Brust- und/oder Eierstockkrebs assoziiert sind. Da diese weiteren Gene selten mutiert sind und das Erkrankungsrisiko vermutlich nur moderat erhöhen, sind große Kollektive gut charakterisierter Patienten nötig, um signifikante Assoziationen mit dem Phänotyp nachweisen zu können. Hierfür ist das Konsortium sowohl nationale als auch internationale Kooperationen zur Identifikation weiterer Risikogene eingegangen. Im Rahmen der PERSPECTIVE-Studie „personalized risk stratification for the prevention and early detection of breast cancer“, welche mit Prof. Jaques Simard (Genome Quebec, Kanada) und weiteren Kooperationspartnern aus den Niederlanden und den USA durchgeführt wird, wurden mittels exomweiter Analysen zunächst neue Kandidatengene identifiziert. Hierfür wurde bei etwa 1.500 Brustkrebs (BC)-Patientinnen der gesamte für Proteine kodierende Bereich des Genoms untersucht (Exom). Die identifizierten Kandidatengene werden mittels eines 251 Gene umfassenden Multigenpanels in zusätzlichen BC-Fällen (n=5.000) und Kontrollen (n=5.000) weiter untersucht und validiert. Die Ergebnisse dieser Studie werden dazu beitragen, in Zukunft die Risikokalkulation für Ratsuchende aus Familien, in denen bislang keine Mutation nachgewiesen werden konnte, weiter zu verbessern. Das Konsortium konnte durch das große Kollektiv an familiären Brustkrebsfällen maßgeblich zu den Erkenntnissen dieser Studie beitragen.
Ein weiteres internationales Projekt, an dem das Konsortium beteiligt ist, ist das EU Horizon 2020 geförderte Projekt „Breast Cancer Risk after Diagnostic Gene Sequencing“ (BRIDGES). Ziel dieses Projektes ist neben der Identifizierung und Validierung neuer Risikogene die Bestimmung der Erkrankungsrisiken für Patientinnen mit Mutationen in diesen Genen.
Zusätzlich ist das Konsortium an internationalen genomweiten Assoziationsstudien (engl. genome-wide association studies, GWAS) beteiligt, deren Ziel es ist, weitere genetische Risikofaktoren in großen Patienten- und Kontrollkollektiven zu identifizieren. Im Rahmen des „Breast Cancer Association Consortiums“, BCAC werden Risikofaktoren in Brustkrebspatienten untersucht welche nicht durch BRCA1/2-Mutationen erklärt werden können. Das „Consortium of Investigators of Modifiers of BRCA1/2“, CIMBA hingegen versucht, mittels dieser GWAS genetische Risikofaktoren zu identifizieren, welche das Erkrankungsrisiko bei BRCA1/2-Mutationsträgerinnen modifizieren, um so die Risikokalkulation für die Patientinnen weiter zu verbessern.
Genomweite Assoziationsstudien (GWAS) ergaben, dass einzelne Niedrigrisikovarianten single nucleotide polymorphisms (SNPs) mit dem Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, assoziiert sind. Das Risiko der einzelnen SNPs ist gering, so dass sie individuell betrachtet nicht zur Risikokalkulation geeignet sind. Studien ergaben jedoch, dass eine Kombination aus mehreren SNPs einen Einfluss auf das Erkrankungsrisiko haben kann. Es wird heute davon ausgegangen, dass durch die derzeit bekannten SNPs ca. 18% des familiären Brustkrebsrisikos erklärt werden kann. Der multiplikative Effekt der Varianten kann zusammengefasst und der sogenannte PRS berechnet werden. Derzeit beruhen die Kalkulationen des PRS nur auf Modellen, welche sich meist auf BRCA1/2-Mutationsträgerinnen beschränken. Eine Validierung des PRS, speziell in familiären Brustkrebspatientinnen steht noch aus. Zudem gilt es zu klären, ob der PRS in Mutationsträgerinnen weiterer Risikogene anwendbar ist und eine Risikostratifizierung dieser Patientinnen basierend auf der Berechnung des PRS möglich ist. Auch für dieses Projekt wird national innerhalb des Konsortiums sowie mit internationalen Experten eng zusammengearbeitet (Dr. Karoline Kuchenbäcker, University College London).
Während genetische Veränderungen, die nur wenige DNA-Basen betreffen, mithilfe etablierter Next Generation Sequencing (NGS)-Analyseverfahren zuverlässig identifiziert werden können, müssen für den Nachweis von größeren genomischen Rearrangements (engl. Copy Number Variations, CNVs) zusätzliche und aufwändige Laboranalysen durchgeführt werden. Ziel des Projekts ist die Entwicklung von Algorithmen, welche die bioinformatische Identifikation von CNVs ohne zusätzliche experimentelle Analysen und direkt auf Grundlage der NGS-Sequenzierdaten ermöglichen und so die Diagnostik innerhalb des Konsortiums weiter zu verbessern.
Ein Schwerpunkt der Forschung des Konsortiums ist neben der Identifizierung von neuen Risikogenen die Validierung von beschriebenen Risikofaktoren. Teilweise stammen die Beschreibungen von Kandidatengenen/Risikofaktoren für erblichen Brustkrebs aus älteren Untersuchungen mit relativ kleinen Patientenzahlen. Ziel der Forschung ist es, diese Assoziationen an größeren Patientenkollektiven zu bestätigen oder auch zu widerlegen. So konnte beispielsweise gezeigt werden, dass Mutationen in den Genen NBN und GPRC5A nicht mit dem Auftreten von erblichem Brustkrebs assoziiert sind. Auch konnte gezeigt werden, dass Mutationen im GPRC5A-Gen das Risiko von BRCA1-Keimbahnmutationsträgerinnen an Brustkrebs zu erkranken nicht modifizieren.
Neben der genetischen Analyse von erblichem Brust- und Eierstockkrebs betreibt das Konsortium Grundlagenforschung zur funktionellen Charakterisierung von neu identifizierten möglichen Risikogenen. Diese Untersuchungen erfolgen in verschiedenen Zelllinien, die als Modellsystem zur Erforschung von krankheitsbedingenden Mechanismen dienen. Durch gezieltes Ausschalten von einzelnen Genen mittels CRISPR/Cas9 (knockout) kann Einblick darüber gewonnen werden, ob das untersuchte Gen eine Rolle bei der Entstehung von Krebs spielt. Durch Anwendung verschiedener Methoden wird beispielsweise die Beteiligung von neuen Genen an der DNA-Reparatur untersucht, indem die Wirkung verschiedener Chemotherapeutika auf die genetisch veränderten Zellen im Vergleich zu unveränderten Zellen getestet wird. Durch den gezielten Einbau von Varianten mit unklarer Auswirkung (VUS) in bekannten Risikogenen (knockin) kann zudem Einblick darüber erlangt werden, ob diese Varianten zur Krebsentstehung führen können oder als eher harmlos einzustufen sind. Diese experimentellen Untersuchungen sind essenziell für Patienten, die eine solche Sequenzvariante tragen und durch eine Reklassifizierung ggf. entlastet werden können. Ergebnisse aus diesen Untersuchungen können dann unmittelbar dem Expertengremium des Konsortiums für die Variantenklassifizierung (VUS-Task-Force) zur Verfügung gestellt werden und nach einer möglichen Klassifizierung betreffender Varianten mittels des Recall-Systems über möglicherweise veränderte klinische Konsequenzen oder therapeutische Möglichkeiten/Entlastung informiert werden können.